Die Sprache der Dichter und Denker

Deutsch als internationale Wissenschaftssprache

(MK) Wer auf Deutsch denkt, braucht offenbar einen wesentlich größeren Arbeitsspeicher als Englisch-Denkende. Diese Feststellung ist nicht nationalistisch gemeint, sondern linguistisch: Engli­sche Sätze sind in der Regel nach folgendem Prinzip strukturiert: Subjekt, Prädikat, Objekt, Punkt. Das Deutsche hingegen lässt komplizierte, verschachtelte Nebensatz­struktu­ren zu, die man allesamt folgerichtig im Kopf behalten muss, bis man erst ganz zum Schluss erfährt, was der Verfasser eigentlich sagen will. Berühmtestes Beispiel ist der Satz von Außenminister Genscher vor der Prager Botschaft am 1. Oktober 1989:

Meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, es freut uns, ihnen mitteilen zu können, dass die Regierung der DDR Ihren Antrag auf Ausreise soeben….

Den Rest hat kein Mensch mehr verstanden, weil er im soeben ausgebrochenen Freuden­taumel untergegangen war. Grammatisch korrekt wäre auch gewesen:

Ihren Antrag auf Ausreise soeben abgelehnt hat.

Das hatte aber niemand erwartet, weil Genscher sonst nicht gesagt hätte, …es freut uns, Ihnen mitteilen zu können… Man kann deshalb einen deutschen Satz schon verste­hen, bevor man ihn überhaupt bis zu Ende gelesen oder gehört hat.

Auf Englisch geht das so nicht. Deshalb braucht man für ein perfektes Deutsch mindestens eine X-Gigabyte Festplatte, und für not­dürf­tiges Englisch, also für die in­ternatio­nale Minimalverständigung, reichen schon ein paar kByte Hirnmasse vollkom­men aus. Das ist der Grund, warum die internationale Wissenschaft heute auf nahezu allen Fach­gebieten zu einer reinen Phrasendrescherei und Propagandamaschinerie verkommen ist.

Hier Noch ein Gag aus der U-Bahn:

Beachten Sie beim Aussteigen bitte die Lücke zwischen Zug und Bahnsteigkante!

heißt auf Englisch:

M i n d   t h e   G a p !  

Deshalb haben wir überhaupt nichts dagegen, dass Englisch weiterhin die internationale Weltsprache für die Völkerverständigung im Alltag bleibt. Internationale Wissenschafts­spra­che wird aber demnächst selbstverständlich Deutsch. Genau so, wie wir von einem seriösen Wissen­schaftler erwarten, dass er mit den leistungsfähigsten Computern arbeitet, erwarten wir von ihm auch, dass er die maximale Kapazität seines eigenen, biologischen Arbeits­speichers voll aus­schöpft. Dazu muss man zuallererst perfektes Deutsch lernen! Sämtlichen Nobel­Preisträgern, die kein Deutsch können, wird dieser wieder aberkannt werden müssen!

Das gilt insbesondere auf dem Gebiet der Volkswirtschaftslehre. Deutsch Denkenden fällt nämlich auf, dass der Sinn des englischen Wortes economy exakt das Ge­genteil von dem bedeutet, was man auf Deutsch darunter versteht: Economy auf Englisch assoziiert man mit Knapp­heit, Sparsamkeit und Mangel, während Wirtschaft auf Deutsch so etwas wie Reichtum, Wohlstand und Luxus bedeutet. Jeder Fluggast, der die Wahl zwischen der Business Class und der Economy Class hat, begreift das sofort.

Sämtliche Wirtschaftstheorien, die von englisch denkenden „Ökonomen“ ausgebrütet wurden, stimmen hinten und vorne nicht, weil der englische Begriff economy von der Vorstellung ausgeht, das alles möglichst billig sein muss und dass Geiz geil sein soll. Diese Vorstellung ist nicht nur krank, sondern sie macht auch krank und gehört deshalb ein und für alle Mal abgeschafft. Diese Krankheit ist inzwischen unter der Bezeichnung BSE bekannt geworden und bedeutet ausgeschrieben:                                 Bull-shit-economics.

 

In der engli­schen Sprache wird das Wort economy deshalb durch den Begriff prosperity ersetzt werden müssen, wenn sie international konkurrenzfähig bleiben soll. Business ist jedenfalls kein adäquate Übersetzung für das deutsche Wort Wirtschaft, genau so wie welfare so ziemlich das Gegenteil von Wohlstand bedeutet. Übrigens: Für das deutsche Wort Konjunktur muss man erst noch eine neue englische Vokabel erfinden, weil es auf Englisch für diesen Begriff noch kein Wort gibt.

Wir haben ansonsten nichts dagegen, dass die deutsche Sprache durch englische Vokabeln reichhaltig, aber sinnvoll ergänzt wird, wie z.B. Hotel statt Herberge, Reservation statt Reservierung, Restaurant statt Speisegaststätte oder Whirl-Pool statt Wirbelkübel. Wir hätten aber auch nichts dagegen, wenn sich jemand ein originelleres deutsches Wort als Heißer Draht für eine Hotline ausdenken würde. Wir hätten erst recht nichts dagegen, wenn für überflüssige Anglizismen, wie z.B. Call Center, Flatrate oder all inclusive gar nicht sooo neue deutsche Wörter eingeführt würden wie Telefonzen­trale oder Pauschalpreis. Es spricht auch nichts dagegen, wenn die Sprache der Dichter und Denker durch die üppige Verwendung englischer Ableitungen für Ausländer leichter erlernbar gemacht wird, wenn sichergestellt ist, dass die deutsche Grammatik nicht darunter leidet. Deshalb sagten wir früher eigentlich nicht und statt dessen heute: nicht wirklich. Irgendwann werden wir      auch erinnern, dass man Sinn früher nicht machen konnte. Peinlich wird es allerdings, wenn durch die grammatische Schluderei die Denkfaulheit offenbar wird. So wimmelt es in der wissenschaftlichen Literatur von Fachbegriffen wie die permanente Einkommenshypothese oder neuerdings auch von nachwachsenden Rohstoffexperten und faulen Zitronenhändlern.

Überhaupt kein Verständnis haben wir für die Verwendung von Denglish oder Germalish – das sind englisch klingende Wörter, die kein Engländer versteht, wie zum Beispiel City Call statt Ortsgespräch (richtig wäre local call). Aber wir sind hier nicht zu pingelig und benutzen weiter­hin das Handy (ohne ä und mit y), obwohl das auf Englisch eigentlich mobile phone heißt. Telephon, Telephax, Graphik, Photographie und Flipper schreiben wir heute selbstver­st­ändlich mit f statt mit ph, aber Delphin oder Phonetik schreiben wir weiterhin so, wie wir es in der Schule gelernt haben. Sinnvolle Wörter, wie z.B. herunterladen verwenden wir vor­zugsweise statt downloaden, aber nicht immer. Deshalb nennen wir das manchmal so be­zeich­nete Weltnetz weiterhin Internet und einen Verweis nennen wir Link, oder altmodisch: Hyperlink.

Seit 1995 verwenden wir unsere eigene Rechtschreibung, weil uns die öffentliche Diskussion darüber nicht interessiert. Die offiziellen Regeln gelten nur für Staatsbedienstete und Angestellte in den etablierten Medien. Frei­schaffende Künstler dürfen hingegen schreiben was und wie sie wollen. Wenn wir Recht-Schreib-Reform oder National-Sozialismus mit Bindestrich schreiben, so haben wir uns auch was dabei gedacht. Ansonsten versuchen wir demnächst mit 26 Buchstaben auszukommen, und werden deshalb das Ess-Zett und die Umläute langfristig abschaffen, so wie es in der Schweiz heute schon praktiziert wird.

Ansonsten begrüßen wir die neue Recht-Schreib-Reform im Großen und Ganzen, aber wir machen nicht jeden Blödsinn mit. Einen Buchtipp werden Sie von uns niemals bekommen, weil wir Ihnen ansonsten auch noch die aktuellen Topp-Hitts zumuten müssten, oder konsequent alle STOPP-Schilder ausgetauscht werden müssten! Im Ernst: in der kanadischen Provinz Quebec steht auf den Stopschildern in perfektem Fronçeusish: ARRET

Dann gibt es noch ein sprachliches Problem, das sich nicht durch eine Recht-Schreib-Reform, sondern nur durch eine Recht-Sprech-Reform lösen lässt: Wieso wird eigentlich das t in der Endung -tion wie ein z ausgesprochen? Hat sich hier etwa der Zion mit Gewalt in der deutschen Sprache breit gemacht? Wieso werden Nazis und Neo­nazis trotzdem mit z geschrieben? Wieso heißen Nazis überhaupt Nazis und nicht Nasos, wie sie nach den Regeln des Aküfi eigentlich heißen müssten? Sind die NaZis vielleicht die heimliche Abkürzung für die Nazional-Zionisten? Fest steht jedenfalls, dass die Macht­ergreifung der „Nazis“ von den Zionisten in den USA finanziert wurde! Oder glaubt hier etwa immer noch jemand, dass die 30 Millionen Arbeitslosen in der Weimarer Republik ihre letzten Groschen gespendet haben, um so Hitlers braune Uniformen zu finazieren?

 

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